Verträge über die Erbfolge – vom Berliner Testament bis zum Erbvertrag – was ist zu beachten?

Gemeinschaftliches Testament, gegenseitiges Testament, Erbvertrag, Pflichtteilsverzichtsvertrag, Erbverzichtsvertrag – all das sind Begriffe, denen eines gemeinsam ist: Es geht um das Erbe. Doch was ist was? Der folgende Beitrag soll die Begriffe ein wenig erläutern, ohne dass dies eine individuelle Beratung ersetzen kann.

 

1)    Gemeinsames

Alle haben zum Mindestinhalt, dass dort etwas in Bezug auf das Erbrecht geregelt wird. Nicht zwingend ist es, dass die Erbfolge geändert wird.

2)    Gemeinschaftliches Testament

Ein gemeinschaftliches Testament ist eine letztwillige Verfügung, die von Eheleuten gemeinsam aufgesetzt wird. Ausschließlich Ehepartner und Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen, eingetragenen Lebensgemeinschaft können ein gültiges gemeinschaftliches Testament verfassen. Die Eheleute (oder verpartnerten gleichgeschlechtlichen Lebenspartner) können – müssen aber nicht (!) – in dieses wechselseitige Verfügungen aufnehmen. Wechselseitig bedeutet, dass mindestens einer der Ehegatten (oder verpartneter gleichgeschlechtlichen Lebenspartner) eine letztwillige Verfügung trifft, die er nur mit Zustimmung des anderen wieder ändern kann.

3)    Berliner Testament

Das Berliner Testament nichts anderes als eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testamentes von Ehepartnern oder Lebenspartnern einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebensgemeinschaft, in dem diese sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. In der Regel bestimmen sie zusätzlich, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an einen Dritten fallen soll.

4)    Gegenseitiges Testament

Das gegenseitige Testament ist als solches im deutschen Recht nicht definiert. Demgegenüber gibt es Rechtsordnungen, die diesen Begriff verwenden. In den Rechtsordnungen aus dem common law können Testamente sowohl gemeinschaftlich als auch gegenseitig sein und das in ein und derselben Verfügung. Man nennt sie joint and mutual wills. Dabei ist es aber nicht erforderlich, dass diese Vereinbarung in einem gemeinsamen Dokument niedergelegt ist. Vielmehr kann dies in manchen Rechtsordnungen auch dergestalt erfolgen, dass jeder sein Testament macht und jeder Erblasser in seinem Testament die „vereinbarte“ Regelung niederlegt. Zusätzlich verlangt das jeweilige nationale recht dann manchmal noch, dass beide den vertraglichen Bindungswillen in ihrem Testament zum Ausdruck bringen (z.B. Lettland, Irland, Vereinigtes Königreich, Zypern).

5)    Erbverzichtsvertrag

Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch notariell beurkundeten Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist in einem solchen Falle von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte. Er hat dann auch kein Pflichtteilsrecht, also das Recht in Geld die Hälfte seines ursprünglichen Erbes zu verlangen.

6)    Pflichtteilsverzichtsvertrag

Das Recht auf den Pflichtteil besteht dann, wenn ein gesetzlich als Erbe berufener Erbe erster Ordnung nicht als Erbe zum Zuge kommt. Auf dieses Recht auf Pflichtteil kann in einem notariell beurkundeten Vertrag verzichtet werden (§§ 2346, 2348 BGB). Ein solcher Vertrag muss vor dem Tode des Erblassers zu Stande kommen. An der Beurkundung muss der Erblasser höchstpersönlich teilnehmen.

7)    BGB-Erbvertrag

§ 1941 BGB definiert den Erbvertrag im Wege einer Legaldefinition (das ist die  Definition eines Rechtsbegriffs, die der Gesetzgeber selbst in einem Gesetz vorgenommen hat) als einen Vertrag mit dem der Erblasser einen Erben einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen kann. Dabei kann als Erbe (Vertragserbe) oder als Vermächtnisnehmer sowohl der andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden.

8)    EU-Erbvertrag

Art. 3 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO) definiert den Begriff „Erbvertrag“ als eine Vereinbarung, einschließlich einer Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht.

In den EU-Erbvertrag fallen damit zunächst alle BGB-Erbverträge mit Ausnahme derjenigen, in denen einem Dritten, der nicht zugleich auch Vertragspartner ist, eine erbrechtliche Rechtsposition eingeräumt wird. Während der BGB-Erbvertrag also auch einen Dritten als Erben zum Inhalt haben kann, ist dies nach der Definition des EU-Erbvertrages nicht möglich. Der Definition des EU-Erbvertrages folgend ist also ein solcher BGB-Erbvertrag kein EU-Erbvertrag.

Der EU-Erbvertrag schließt seiner Definition zufolge aber auch Vereinbarungen mit ein, mit dem nicht der Erblasser etwas verfügt, sondern ein Erbe auf sein Erbe ganz oder teilweise verzichtet. Auch Vereinbarungen mit denen der Erbe auf erbähnliche Rechtspositionen verzichtet, also Ansprüche auf den Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzungsansprüche sind darin enthalten. Derartige Vereinbarungen unterfallen aber nicht dem BGB-Erbvertrag. Sie sind im BGB gesondert geregelt. Damit umfasst der EU-Erbvertrag also auch die Erbverzichtsverträge und die Verträge, mit denen auf das Pflichtteil oder den Pflichtteilsergänzungsanspruch verzichtet wird.

Damit ergibt sich folgendes Schaubild:

Zweck der EU-Verordnung ist es sicherzustellen, dass die Anwendung des Erbrechtes im Einzelfall einheitlich erfolgt und durchgesetzt werden kann. Heute können für ein und dasselbe Erbe verschiedene Rechtsordnungen anwendbar sein. Damit ist ab 17.08.2015 Schluss. Dann gilt grundsätzlich nur noch ein Recht, das des Wohnortes, es sei denn der Erblasser hat zulässigerweise sein Staatsangehörigkeitsrecht an die Stelle gesetzt oder das seines Vertragspartners im Rahmen eines EU-Erbvertrages.  Die Verordnung will also keine neuen Formen von Testamenten schaffen. Die Definition des EU-Erbvertrages dient letztlich ausschließlich dem Zweck zu bestimmen, welche Arten von letztwilligen Verfügungen von den anderen Mitgliedstaaten, die die Verordnung umgesetzt haben, nach dieser Verordnung behandelt werden müssen. Befindet sich eine solche Rechtswahlklausel in einem EU-Erbvertrag, dann ist diese Rechtswahl zu beachten und der Grundsatz des anzuwenden Wohnsitzrechtes wird wirkungslos.

Im deutschen Recht ändert sich für Otto Normalbürger insoweit nicht viel. Es gibt einige wenige Ausnahmen:

  • Ein Erbvertrag mit dem ein Dritter eingesetzt werden soll, sollte zukünftig nicht mehr nur zu dessen Gunsten abgeschlossen werden, sondern mit ihm als Vertragspartner.
  • Gemeinschaftliche Testamente mit wechselbezüglichem Inhalt sollten zukünftig nicht mehr privatschriftlich, sondern besser als beurkundete Erbverträge errichtet werden, wenn nicht auszuschließen ist, dass einer oder beide Eheleute oder in einer gesetzlich begründeten nichtehelichen Lebenspartnerschaft lebenden Lebenspartner ihren Wohnsitz im Ausland nehmen werden. Durch den Wegzug ins Ausland kann die Möglichkeit, ein einseitiges Testament mit einem Inhalt, der dem bisherigen wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Testament wirksam entgegensteht, wieder aufleben, ohne dass die Parteien sich dessen bewusst sind. Im Ernstfall kann daher sogar hinter dem Rücken des anderen Partners das bisherige Testament unterlaufen werden.